Carolyne Larrington: Winter is Coming

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A Song of Ice and Fire – vielen wohl besser bekannt unter dem Titel der Fernsehserie, Game of Thrones – entdeckte ich 1997, nicht allzu lange nach der Veröffentlichung des ersten Bands. Ich weiß noch, wo ich den her hatte: In einer Zeit vor Amazon – mein Amazonkonto datiert von 2004 – war das Bestellen fremdsprachiger Bücher zwar möglich, aber durchaus immer ein Erlebnis. Damals traf ich schloss ich meinen ersten „Versorgungspakt“ mit einer Amerikanerin: Sie schickte mit alle drei Monate eine Schachtel mit Büchern und ich schickte ihr alle drei Monate eine Schachtel mit deutschen Süßigkeiten. Ähnliche Absprachen habe ich heute noch mit mehreren Kollegen laufen.

In einem dieser Pakete lag damals „Game of Thrones“, ich las und befand es für gut.

Ich habe seitdem zwischen den langen Wartezeiten zwischen den Büchern, dem Tonfall, den Herr Martin seinen Lesern gegenüber teils anschlägt, und der sinkenden Qualität der Inhalte das Interesse am Lesen weiterer Bände umfassend verloren, was aber nicht bedeutet, dass mich die Serie an sich nicht mehr interessiert.

Auf meinem Schreibtisch steht eine sehr gut ausgearbeitete Büste von Sandor Clegane – lange vor der Fernsehserie und in Anlehnung an die Buchbeschreibung gefertigt. Wer mit diesem Modell ein Problem hat, hat ein Problem mit meinem Büro (und das kommt in der Tat gelegentlich vor).

Nun fand ich also dieses Buch: Winter is Coming, von Carolyne Larrington

Speziell werden hier die Motive, Inhalte, Figuren und Kulturen der Serie mit der Geschichte und Mythologie unserer Welt verglichen.

Die Autorin ist Historikerin, und das merkt man. Das Buch ist sehr stark in wissenschaftlichem Stil aufgebaut, vielleicht teils etwas trocken, was meiner Meinung nach hier kein Schaden ist.

Die Vergleiche sind logisch, gut durchdacht, verständlich erklärt und mit zahlreichen Verweisen auf Sekundärliteratur – von der ich mir auch das eine oder andere Werk zulegen werde. Ein paar Sachen waren mir neu, allerdings hat eine kurze Recherche zu dem wenig überraschenden Ergebnis geführt, dass die Autorin wusste, wovon sie spricht.

Ob nun Herr Martin seine Serie wirklich in dem Ausmaß durchdacht hat, das ihm Frau Larrington unterstellt, lasse ich mal dahingestellt.

Leider habe ich beim Kauf des Buchs nicht bedacht, dass ich die deutsche Übersetzung gekauft habe. Diese ist aus Sicht des Übersetzers sehr gut gemacht – leider, muss ich hier sagen. Denn die Übersetzung der Bücher und der Serie selbst erfolgte in einer Weise, auf die man sich doch glatt in die 1960er Jahre versetzt fühlt – damals, als es gerade modern war, Straßennamen, Ortsnamen, Personennamen und anderes mitzuübersetzen.

Bei manchen Werken mag das angemessen und sogar notwendig sein. Denken wir da an Herr der Ringe, von dem Tolkien selbst ja behauptete, es sei eine Übersetzung ins Englische, einschließlich einer längeren Abhandlung über die Übersetzung der Namen. Als weiteres Beispiel sei Harry Potter genannt, wo vielen Namen eine Bedeutung innewohnt, die durchaus relevant für die Charakterisierung der entsprechenden Person oder für die Eigenschaften eines Orts ist. Allerdings entschied man sich selbst dort schließlich für das Prinzip „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Wer sich, wie ich, noch an die Erstausgabe der Übersetzung erinnern kann, kann vielleicht noch an den Satz denken „Sirius Schwarz hat es mir geliehen“ – Hagrid zu Dumbledore über das fliegende Motorrad, als er Harry abholt. Den „Sirius Schwarz“ kennen wir natürlich besser als Sirius Black, unübersetzt.

Im Lied von Eis und Feuer jedoch hatte der Übersetzer keine Hemmungen und erging sich in einer wahren Orgie der Namensübersetzungen. Da ich die Bücher auf Deutsch nie gelesen habe, bin ich mit den übersetzten Begriffen nur sehr oberflächlich vertraut. So fiel mir das Lesen hier teils etwas schwer, weil ich immer wieder erst nachschlagen musste, wer denn nun wer ist, und was denn nun wo liegt. Fazit: Nächstes Mal besser aufpassen, in welcher Sprache ich einkaufe.

Wenn das Thema interessiert und man auch etwas unbekanntere geschichtliche Episoden interessant findet, würde ich das Werk als solches aber uneingeschränkt empfehlen.

Cody McFadyen: Die Stille vor dem Tod/The Truth Factory

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Cody McFadyens Bücher über Smokey Barrett fielen mir irgendwann zwischen Band 2 und 3 in die Hände. Ich fand sie gut genug, um die weiteren Bände zu kaufen. Vor einigen Jahren wurde der nächste Band angekündigt. Der Autor veröffentlichte dann stattdessen zunächst einen eigenständigen Roman und verschwand dann erst mal komplett von der Bildfläche. Gerüchte gab es einiges, er sei tot, er sei schwer krank, etc. Wenigstes gab es eines nicht: ein ständig verschobenes Veröffentlichungsdatum.

Von Verlagsseite hieß es schnell, man wisse nicht, ob das nächste Buch jemals käme, es sei jedenfalls kein Termin festzulegen. Okay. Mit der Aussage kann ich was anfangen. Ständiges Ankündigen und wieder verschieben hat bereits an zwei anderen Serien jedes Interesse genommen, umso mehr als der ewig verschobene Band, als er endlich erschien, in beiden Fällen zwar noch „pflichtgemäß“ von mir gelesen – oder zumindest angelesen – wurde, und das Prädikat „ungenügend“ verpasst bekam.

Für jahrelanges Hingehaltenwerden verlange ich schon etwas Besseres als (würde sogar sagen: unteres) Mittelmaß.

Nun, hier also kein ewiges Verschieben. Ich hatte die Serie im Kopf schon komplett abgeschrieben, als wir im Herbst bei Wien in eine Buchhandlung „fielen“ und ich urplötzlich vor dem Display stand…. Mit den Büchern. Mit dem Titel, mit dem ich überhaupt nicht mehr gerechnet hatte. Kurze Überlegung, wie dringend ich das Buch haben wollte – Österreichische USt. usw. …, und das Buch ging mit zur Kasse.

Als ich dann nach Hause kam, wurde ich daran erinnert, dass Internet-Versandhaus mit dem großen kleinen a ein gutes Gedächtnis hat… die Vorbestellung von Anno Dazumal hatte ich nie storniert – und pflichtbewusst hatten sie mir die Bestellung bei Erscheinen geliefert. Nun hatte ich es also zweisprachig. Das war auch recht gut so, denn eines hatte ich schon gemerkt: Mit der Übersetzung stimmte was nicht.

Das erste McFadyen-Buch fischte ich aus einer Remittenten-Wühlkiste. Beim anlesen im Laden gefiel mir der Schreibstil sehr, und es dauerte eine ganze Weile, mit mir bewusst wurde, dass ich eine Übersetzung lese. Der deutsche Text war einfach sehr gut, sehr deutsch, sehr un-übersetzt. Ich beurteile die Arbeit meiner Kollegen vielleicht etwas strenger als das ein Leser tut, der nicht „vom Fach“ ist, aber Literaturübersetzungen sind für mich häufig schwer bis unlesbar, weil ich den Ausgangstext „durchscheinen“ sehe.

Hier hätte ich besser nochmal kurz reingelesen, denn leider hält dieser Band in Übersetzung nicht, was die Übersetzung der ersten – die ich jeweils in beiden Sprachen gelesen hatte – versprach. Schon auf den ersten Seiten kam ich über einige Patzer, die eigentlich keinem erfahrenen Übersetzer passieren sollten, englische Grammatik im deutschen Text, englische Wendungen wörtlich übertragen… Schlecht, einfach nur schlecht. Als schließlich meiner Lieblingsfigur, Kirby, auch noch ihre typischen Sprachgewohnheiten entzogen wurden – der Sinn dahinter ist mir absolut nicht eingängig – wechselte ich dann die Sprachfassung und hielt mich nur noch an das englische Original.

Der erste Teil des Buchs ist… also, für mich ist es okay. Ich lese durchaus gerne Bücher mit hohem Brutalitätsgehalt, auch schon mal die Sorte die man, wie die BILD-Zeitung (die ich allerdings nicht so gerne lese) „nicht schräg halten sollte, weil sonst das Blut raustropft“. Ob Horror oder das „harte“ Ende der Thrillerliteratur, sowas findet man bei mir schon.

Aber ich muss sagen: Dieses Buch ist im ersten Teil nicht unbedingt das, was jeder zum Essen oder vorm Schlafen lesen will. Einen starken Magen sollte man schon haben. Und: Das Buch gehört in keinen Haushalt, in dem Kinder leben, die es vielleicht in die Hand bekommen könnten. Also, wirklich nicht. Auch nicht oben ins Regal. Kinder steigen auf Stühle. Das meine ich absolut ernst, die ersten Kapitel sind die Sorte Buch, der ich vom Brutalitäts-/Grauens-Gehalt her den Stempel FSK18 aufdrücken würde.

Danach hört es leider auf. Es kommen zwar noch ein paar Schockeffekte, aber im Großen und Ganzen ist nach dem ersten Abschnitt die Luft raus.

Ich bin nicht uneingeschränkt Fan der Regel „Show, don’t tell“ – Zeigen, nicht erzählen. Aber irgendwie ill ich als Leser schon auch sehen, was passiert. Ich will dabei sein, ich will mir die Szenen vorstellen können. Teil 2 und folgende des Buchs sind leider fast ausschließlich eine Ansammlung von Vorgangsbeschreibungen und Zusammenfassungen. Eine Figur erzählt den anderen, was sie herausgefunden hat, alle tragen ihre jeweilige Erkenntnisse bei… wichtige Dinge geschehen außerhalb des Geschehens und werden dann in einem Nebensatz erwähnt. „Ach Übrigens: X, Y, Z, habe ich gerade im Flugzeug gegoogelt.“ Steht da nicht so wörtlich, aber vom Sinn her kommt es hin. Ich habe das Gefühl, ich lese keinen Roman mehr, sondern habe bekomme einen Einblick in das Notizbuch des Autors, in dem er sich seinen Plot zurechtgelegt hat – mit verteilten Rollen gelesen von den Protagonisten. Die schreckliche Angststörung der Protagonistin ist plötzlich geheilt und spielt keine Rolle mehr, würde ja auch den glatten Ablauf eher stören. Der Bösewicht wird durch einen praktischen Fehltritt seinerseits in einem früheren Teil des Buchs urplötzlich entlarvt, ohne dass es in diesem oder einem der vorherigen Bücher irgendeinen Hinweis darauf gegeben hätte, dass diese Person auf der „falschen“ Seite steht. Die Logik bleibt mehrfach auf der Strecke – ich bin mir relativ sicher, dass eine stillende Frau nicht mit einmal Milch abpumpen genug Milch einlagern kann, um ihr Kind damit mehrere Tage lang zu füttern, und ich meine, ihr Körper wird im Normalfall auch nicht mitbekommen, dass sie jetzt ein paar Tage nicht zu Hause ist, und deswegen aufhören, Milch zu produzieren….

Das Ende… ist keines, also nicht so wirklich… ein Antagonist gefasst, mindestens zwei, davon ein „Superhirn“ noch auf freiem Fuß. Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Aufbau für den nächsten Teil? Vermutlich.

Es bleibt mir das Gefühl, ich hätte die Szenen gelesen, die McFadyen vor seiner langen Pause fertiggestellt hatte, ergänzt durch eine leicht editierte Fassung seiner Notizen. Schade.