Markus Heitz ist ein deutscher Fantasyautor; erstmalig fiel er mir auf weil mir beim Durchblättern eines seiner in unserer Jetztzeit spielenden Fantasybücher der sehr gute Umgang mit der deutschen Sprache auffiel. Deutsch ist wirklich nicht einfach zu schreiben, v.a. wenn es spannend und nicht langatmig oder schwer zu lesen sein soll.

Ich finde nicht alle seine Werke gut, und definitiv manche besser als andere. Zumindest mal probieren möchte ich seine Serien aber schon.

So hielt kürzlich „Wédōra – Staub und Blut“ bei mir Einzug-

wedora

Der Klappentext:

Im Mittelpunkt einer gigantischen Wüste liegt die schwer befestigte Stadt Wédōra.
Sämtliche Handelswege der fünfzehn Länder rings um das Sandmeer kreuzen sich hier, Karawanen und Kaufleute finden Wasser und Schutz. Hierin verschlägt es den Halunken Liothan und die Gesetzeshüterin Tomeija.  Die beiden kommen zum ungünstigsten Zeitpunkt in die Stadt, steht Wédōra doch kurz vor einem gewaltigen Krieg, denn die geheimnisvollen Stämme der Wüste rufen zum Sturm auf die mächtige Stadt. Liothan und Tomeija geraten schnell in ein tödliches Netz aus Lügen und Verschwörungen, besitzen sie doch Fähigkeiten, die für alle Seiten kriegsentscheidend sein können.

Punkt 1:
Der Klappentext ist irreführend, und das mag ich nicht.

Klar, es „verschlägt“ die beiden in die Stadt – sie werden von einem Hexer dorthin gezaubert, aus ihrer Welt in eine andere.

Da haben wir schon das erste Problem. Heitz jongliert nicht eine, sondern zwei neue Welten gleichzeitig. Nun könnte man das natürlich nutzen, um dem Publikum die eine oder die andere oder sogar beide durch die Augen der Figuren, die sich aus ihrer gewöhnlichen Umgebung gerissen sehen, aus deren Reaktionen vorzustellen. Leider lässt er zahlreiche Gelegenheiten dazu ungenutzt.

Die Welt von Wédōra wird am besten beschrieben und erklärt durch die „Meta“-Inhalte – abgedruckte Seiten aus Geschichts-und Textbüchern aus der Welt, die zwischen die Kapitel eingefügt sind. Diese Vorgehensweise gefällt mir sehr gut, aber ich hätte gerne mehr solche Informationen auch im Haupttext gefunden. Bis zuletzt bin ich mir nicht sicher, wie lang ein Mâne ist. Vorne im Buch heißt es „vier volle Monde“ – das wären vier Wochen. Im Text wiederum werden „sieben Sonnen“ (sieben Tage) mit „einem Mâne“ gleichgesetzt. Ob es nun vorne oder im Text ein Fehler ist… Das müsste man sich irgendwie hintenrum quer erschließen.

A propos Mâne… praktischerweise sprechen die beiden in der andere Welt Gestrandeten ausgerechnet die örtlich übliche Sprache! Mit Ausnahme einiger weniger Wörter, wie etwa denen für „Jahr“ und eben einen anderen Zeitraum. Ansonsten gibt es keinerlei Verständigungsprobleme! Wahrlich erstaunlich, bedenkt man, wie sehr sich alleine Mundarten schon von Ort zu Ort unterscheiden können, und dass eine der Figuren kaum lesen und schreiben kann, und daher mit einer Schriftsprache/Standardsprache wenig vertraut sein dürfte

Die Welt von Wédōra ist durchaus interessant. Ich denke, sie hat sehr großes Potenzial. Leider nutzt der Autor dieses kaum.

Ein Problem, das ich mit Heitz‘ neueren Büchern habe ist, dass in ihnen einfach alles zu viel wird. Es ist, als wollte er jede Idee, die er hat, in das Buch packen. Jede. Einzelne. Es ist zu viel. Manchmal wäre weniger mehr, und hier ist es definitiv der Fall.

Immer wieder schaltet er nach „Walfor“, in die Herkunftswelt der beiden zurück. Zu den Figuren dort kann man kaum eine Leserbeziehung aufbauen, da man so gut wie nichts über sie erfährt. Es bleibt Handlung mit im Grund unbekannten, austauschbaren Figuren. Da der Leser darüberhinaus die „Lösung aus diesem Teil der Geschichte bereits kennt, empfand ich diese Kapitel als langweilig.

In Wédōra laufen mehrere Handlungsstränge parallel. Ähnlich der unendlichen Geschichte führt alles Mögliche zu weiteren Abzweigungen, und ähnlich wie in der unendlichen Geschichte werden diese nicht weiterverfolgt. Hier allerdings dient das nicht dem Buchaufbau, und liest sich einfach nur schlampig. Man hat das Gefühl, wenn man das Buch zuklappt, hängen überall lose Handlungsstränge zwischen den Seiten hervor. So ein bisschen wie herausquellende Gedärme… und für den Roman genauso tödlich!

Vielleicht hat er ja vor, diese in Nachfolgebänden abzuarbeiten. Dann wäre es meines Erachtens dennoch besser gewesen, sie nicht alle in diesem Buch bereits einzuführen.

Weiterhin gibt es Handlungsstränge, die zwar abgeschlossen sind, aber zur Haupthandlung nichts beitragen und nur Seiten fressen. Das ist schade, denn davon würden mindestens zwei locker jeweils ein eigenes Buch abgeben, wenn sie komplett ausformuliert wären und nicht hopplahopp abgearbeitet würden.

Viele Geheimnisse und Mysterien werden erwähnt, angedeutet, angeschnitten – und bleiben dann angeschnitten liegen. Herr Heitz schreibt im Schlusswort, die Welt sei ursprünglich zum Rollenspielen entworfen worden. Mag sein, dass diese ganzen Mysterien Startpunkte für Quests oder Abenteuer hätten werden sollen… aber nochmal: Sie alle in ein Buch zu quetschen ist zu viel.

Die Hauptfiguren haben beide Vergangenheit, viel wird angedeutet, nichts wird aufgelöst. Es ist nicht zufriedenstellend. Zum einen erfährt man Details, die so oft erwähnt werden, dass man davon ausgehen muss, sie würden nochmal relevant – Liothans alte Verletzung etwa – nur um dann festzustellen: Es ist für die Story absolute irrelevant. Alles in Allem habe ich nicht das Gefühl, die Protagonisten kennengelernt zu haben. Es sind eher generische Figuren, komplett mit ungewöhnlicher Augenfarbe und „Fluch“, und einem großen gedachten Schild über ihren Köpfen: „Diese Figur hat eine Vergangenheit und ist interessant“. Leider lügt das Schild.

Schließlich, noch ein Punkt von „zuviel des Guten“: Herr Heitz hat sich anscheinend in die Diakritika verliebt.
Was sind Diakritika (Einzahl: Diakritikon)?
Der Fliegendreck auf und unter den Buchstaben!
Wédōra – das Dings auf dem é und das Dings auf dem ō.
Das Strichelchen auf dem o heißt übrigens Makron und die Punkte auf dem ä, ö und ü im deutschen sind keine echten Diaktritika.
Äh, ja… Diaktritika also….
Die verteilt Herr Heitz großzügig quer über alle möglichen Namen. Dazu verwendet er Buchstabenkombinationen, die für unterschiedliche Sprachen typisch sind, gemischt. Wenn er die Welt damit fremder erscheinen lassen will – Glückwunsch, es funktioniert nicht. Es nervt nur unheimlich beim Lesen, wenn sich das Hirn nicht entscheiden kann, wie es das nun beim mentalen vorlesen aussprechen soll. Einen Ausspracheleitfaden hat der Autor leider nicht beigelegt. Hat Tomeija nun ein niederländisches „ij“, ein deutsches „ei“+j, ein Spanisches „j“? Wir werden es nie rausfinden. Und ihr Beruf? Die Ordnungshüterin ist eine „Scīrgerēfa“. Nein, auch die Diakritika können nicht drüber weg täuschen, dass er da einen Sherriff ausgenommen und verstümmelt hat.

Wie erwähnt, mir fiel Heitz erstmals wegen der guten Verwendung der deutschen Sprache auf. Davon sieht man in diesem Buch nicht viel. Die Sprechweise der Figuren liest sich gekünstelt, unnatürlich… angelehnt am ehesten an Marktsprech, die Kunstsprache der Mittelaltermärkte. Jubel und Händegeklapper gibt es dafür aber nicht, sondern eher nochmal ein letztes Augenrollen!

Das Ende ist konstruiert, übereilt und m. E. nicht logisch, aber natürlich notwendig, wenn der Autor weitere Bücher über diese Figuren in dieser Welt schreiben will. Ein paar Zufälle passen dennoch allzugut zusammen, zu viel Information wird auf den letzten Seiten aus der Luft gezaubert und plötzlich von den Protagonisten als „richtig, wussten wir schon“ bestätigt.

Die Welt an sich ist jedoch ein Genuss… im Bereich „Worldbuilding“ erhält dieses Buch von mir volle Punktzahl mit Sternchen. Durch die Ausführung kommt es im Endergebnisse auf 2,5-3 Sternchen.

Würde ich eine Fortsetzung lesen?

Vermutlich. Schon weil ich wissen wollen würde, ob er wirklich den einen oder anderen Handlungsstrang fertigschreiben will.

Erinnert das Titelbild außer mit eigentlich noch jemanden an Sauron?

11 Gedanken zu “Markus Heitz: Wédōra – Staub und Blut

  1. Sauron ja, eine gewisse Ähnlichkeit kann man nicht abstreiten.
    Ich finde es schwierig in Büchern, wie auch in Filmen, wenn Dinge nicht schlüssig sind, ich dauernd hinterfragen muss, wie kann das sein.

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    1. Ja, finde ich auch eher störend. Manchmal gibt es Kunstwerke, in denen man drüber hinwegsehen kann, aber meistens fällt es sehr unangenehm auf und ins Gewicht. Wenn ich geistige Loopings drehen muss, um einen logischen Zusammehang herzustellen, spricht das nicht für das Werk.

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      1. Ich finde, genau das ist auch bei manchen Filmen der Fall. Es gibt ein paar, die finde ich als Film, der eine Geschichte erzählt, grässlich, aber als Zusammenspiel von Bild, Ton und Effekten künstlerisch sehr ansprechend. Da stört mich dann auch fehlende Logik weniger.

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      2. Ist mittlerweile aber schon bei vielen Phantasiefilmen so, wo ich mir sage, die Handlung… Naja so lala, aber die Effekte waren so Hammer, dass ich den Film empfehlen kann.

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      3. Kill Bill. . ich finde den Film als Film grauenvoll aber das Zusammenspiel aus Musik und Bild, den Mix aus Realfilm und Cartoonsequenzen und die Farbverwendung total faszinierend.

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